Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht zwingend Grund für eine Kündigung - Brennecke et Collegen Kanzlei in Achim
16596
post-template-default,single,single-post,postid-16596,single-format-standard,bridge-core-2.6.2,qode-listing-1.0.1,qode-quick-links-1.0,qode-page-transition-enabled,ajax_fade,page_not_loaded,,hide_top_bar_on_mobile_header,qode-content-sidebar-responsive,qode-theme-ver-24.7,qode-theme-bridge,disabled_footer_bottom,bridge,wpb-js-composer js-comp-ver-6.5.0,vc_responsive

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht zwingend Grund für eine Kündigung

Die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz stellt eine – u. U. schwerwiegende – arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar und zwingt den Arbeitgeber bereits aufgrund der Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes (AGG) dazu, Maßnahmen zu ergreifen, von denen der Arbeitgeber annehmen darf, dass diese die Belästigung für die Zukunft abstellen, d. h. eine Wiederholung ausschließen. Im Maßnahmenkatalog des § 12 Abs. 3 AGG werden dem Arbeitgeber u. a. die Abmahnung, Umsetzung, Versetzung und die Kündigung exemplarisch aufgegeben. Welche dieser Maßnahmen der Arbeitgeber zu ergreifen hat und inwieweit die Belästigung bereits dazu berechtigt, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, auch eine fristlose, auszusprechen, hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 29.06.2017 zum Aktenzeichen 2 AZR 302/16 vorgegeben. Danach kann eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz grundsätzlich geeignet sein, einen Grund für eine – auch fristlose – Kündigung darzustellen. Aber auch hier gilt, wie in allen weiteren Fällen einer verhaltensbedingten Kündigung, dass der Kündigung in der Regel eine Abmahnung vorauszugehen hat.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat nunmehr in einer Entscheidung vom 07.08.2019 zum Aktenzeichen 5 Ca 5091/19 diese Rechtsprechung fortgeführt und im Falle einer – vom Arbeitgeber behaupteten – schweren sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz eine vom Arbeitgeber ausgesprochene fristlose und hilfsweise fristgerechte Kündigung als nicht gerechtfertigt beurteilt. Zur Begründung hat das Gericht neben den vorgenannten Aspekten ebenso auf den Umstand der langen unbeanstandeten Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt und darauf, dass dem Arbeitgeber zumutbare andere Alternativen zur Verfügung standen, zukünftige Wiederholungen auszuschließen.

Damit bleibt festzuhalten, dass auch bei – schweren – arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen, wie der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz, der Arbeitgeber nicht zwingend zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt ist und stets der Kündigungsgrund ins Verhältnis zu setzen ist mit der Vorgabe, zunächst eine Abmahnung in Betracht zu ziehen und der langen beanstandungslosen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers ein großes Gewicht beizumessen bleibt.